Von Waschcentern und Hundekot
Heute hat Bratschi zum ersten Mal das „Waschcenter“ in ihrem Haus besucht. Waschcenter heisst: ein Raum mit 2 Waschmaschinen und 2 Trocknern. Bratschi musste dringend Kleider waschen, sie hatte nichts Sauberes mehr anzuziehen. Das Waschen war dann aber eine echte Herausforderung. Erst hat Bratschi die Tür zum Waschcenter nicht aufbekommen, dann stand sie zunächst im Dunkeln, weil das Licht nicht funktionierte. Schliesslich waren aber alle Hindernisse überwunden und die Waschmaschine lief (Preis: 3.50 Euro!). Danach hat Bratschi die Sachen in den Trockner gestopft (Preis: 1.50 Euro). Sie dachte eigentlich immer, „Trockner“ kommt von „trocknen“, aber das kann nicht sein. Ihre Sachen waren jedenfalls überhaupt nicht trocken, als sie aus dem Trockner kamen. Bratschi hat dann alles in ihrer Wohnung drapiert – über die Stühle, den Sessel, das Sofa etc. – und brach dann eilends auf, denn mittlerweile war es Mittag geworden, und Bratschi wollte auf Erkundungstour gehen.
(Kruse übrigens hat diese Woche auch zum ersten Mal gewaschen. Es scheint soweit alles gut gegangen zu sein. Sagt er jedenfalls.)
Bratschi fuhr Richtung Osten. Auf der Fahrt hat sie das erste Mal die berühmt-berüchtigten Kontrolleure der Berliner Verkehrsgesellschaft erlebt – es sollte nicht das letzte Mal sein an diesem Tag. Bratschi hatte von ihnen nichts zu befürchten, sie hat sich nämlich eine Monatskarte geholt. Einzelfahrkarten sind furchtbar teuer hier: eine normale Fahrt kostet 2.60 Euro, eine Kurzfahrt (3 U-Bahn-Stationen) 1.50 Euro. Die Monatskarte ist auch nicht gerade billig, aber erstens kann Bratschi damit kreuz und quer durch die Stadt fahren und zweitens kann sie abends ab 20.00 Uhr und an den Wochenenden gratis eine zweite Person mitnehmen. Ausserdem ist die Karte nicht personalisiert, das heisst: Wenn Kruse in zwei Wochen wieder nach Berlin kommt und dann 10 Tage lang frei hat, kann er mit Bratschis Karte herumfahren, während Bratschi am Arbeiten ist – gar nicht schön für Bratschi, aber praktisch für Kruse und gut fürs Portemonnaie.
Bratschis Tagesziele heute: East-Side-Gallerie: ein relativ langes Stück Mauer, das von verschiedenen Künstlern bemalt worden ist; sieht im Reiseführer allerdings besser aus als im Original. Oberbaumbrücke: Brücke aus dem 19. Jahrhundert mit einem Mittelteil von Calatrava, ganz niedlich mit ihren beiden Türmchen. Osthafen: etwas verlottert, aber mit viel Charme; Bratschi war fasziniert von diesem Ort, sie mag ja (fast) alles, was mit Wasser zu tun hat. Molecule Men: drei riesige Männerfiguren mitten in der Spree, witzig. Rigaer Strasse: früher ein Zentrum der Hausbesetzerszene, auch heute noch recht alternativ angehaucht; ist garantiert von allen Strassen in Berlin diejenige mit dem meisten Hundekot! Karl-Marx-Allee: ehemalige DDR-Prachtsstrasse, sehr pompös und sehr breit, der Flanierstreifen für die Fussgänger braucht sogar noch mehr Platz als die Fahrbahnen.
Beim Alexanderplatz war Schluss für heute, Bratschi fuhr wieder nach Hause und hat sich dort ein Plätzchen zwischen ihren Kleidern freigeschaufelt, wo sie den Abend verbringen wird.