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Category Archives: Berlin

Muskelbepackte Männer

14. Mai 2014

Heute morgen ist Bratschi in der Velo-Schleuse des Ministeriums stecken geblieben. Tür hinten zu, Tür vorn zu, Bratschi mit Velo dazwischen, weit und breit kein Mensch. Bratschi hat sich schon auf einen längeren Aufenthalt eingestellt, da kam zum Glück jemand vom Hausdienst vorbei und hat die Innentür geöffnet. Von jetzt an wird Bratschi den Durchgang immer pfeilschnell passieren, auch wenn da ein grosses Schild mit der Aufschrift „Schritttempo“ hängt.

Am Abend war Bratschi im Pergamonmuseum und hat sich den Pergamonaltar angeschaut. Sie wagt es kaum zu sagen, aber: Im ersten Moment war sie fast ein bisschen enttäuscht. Viele der Figuren des Reliefs sind teilweise oder fast vollständig zerstört. Es war wohl etwas naiv zu glauben, ein über 2000 Jahre altes Kunstwerk liege noch praktisch unversehrt vor. Nach etwas Angewöhnungszeit fand Bratschi aber doch noch Gefallen am Altar. Besonders imponiert haben ihr die muskulösen Körper (und die knackigen Hintern) der dargestellten Männerfiguren. Es ist schier unglaublich, wie es die Künstler geschafft haben, jede einzelne Muskelfaser in den Stein zu meisseln.

A propos Männer: Was macht eigentlich Kruse? Bratschi weiss es nicht so genau. Die letzten Tage hat er jedes Mal beim Telefonieren gesagt, er gehe jetzt dann gleich schlafen. Die Bratschi-freie Zeit scheint ja sehr anstrengend zu sein!

Aus 7 mach 1

13. Mai 2014

Heute hat Bratschi an einer Hausführung durchs Ministerium teilgenommen. Das Ministerium ist aus architektonischer Sicht interessant, weil es aus 7 Gebäuden zusammengesetzt ist, die ganz unterschiedlich alt sind und auch ganz unterschiedlich aussehen. Der älteste Teil des Gebäudekomplexes ist ein Kolonnadenelement, das von Carl Langhans stammt, der auch das Brandenburger Tor geschaffen hat. Am neusten ist der sogenannte „Neubau“, ein Plattenbau aus DDR-Zeiten. Die Gebäude wurden, soweit das möglich war, im Originalzustand gelassen. So sieht man an einer Mauer noch die Anschrift des früheren Ladenbesitzers, in einer anderen Mauer sind noch die Einschusslöcher aus dem 2. Weltkrieg zu sehen.

Im Innern des Gebäudekomplexes gibt es verwinkelte Innenhöfe und neckische Passerellen, über die man von einem Gebäudeteil in einen anderen gelangt. Es gibt auch viel Grün, in den Höfen und auf den Dächern. Chinesische Besucher sollen vor allem über die Bambusbepflanzung in dem einen Innenhof begeistert sein. Zuoberst am Plattenbau sind sogar Nistkästen für Vögel angebracht. Es wird allerdings gemunkelt, es habe noch nie ein Vogel dort genistet.

Bratschi gefällt das Gebäude. Sie findet es eine gelungene Kombination von Alt und Neu. Nicht so gelungen ist allerdings das Fenster im Büro von Bratschi und Arbeitskollegin G.: Die beiden können es zwar aufmachen, aber nicht mehr zumachen. Sehr praktisch! Aber so kennt Bratschi immerhin schon sämtliche Hausmeister. Und hat gelernt, dass männliche Wesen mitunter doch ganz nützlich sind, wenn weibliche Wesen mit ihren schwachen Kräften nicht mehr weiterkommen. 😉

Es grünt so grün

12. Mai 2014

In Berlin gibt es viele Dinge in grossen Mengen. Polizei- und Ambulanzfahrzeuge beispielsweise. Oder Baustellen, das hatte Bratschi bereits erwähnt. Taxis gibt es hier ebenfalls in unglaublich grosser Zahl, sie stehen an jeder Ecke und fahren kolonnenweise herum (in recht hohem Tempo meistens, sodass Bratschi auch schon zur Seite hechten musste). Menschen gibt es auch viele, zum Beispiel zu den Stosszeiten in der U-Bahn.

All das ist wenig erstaunlich, ist Berlin doch eine Grossstadt mit immerhin dreieinhalb Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Was Bratschi aber sehr erstaunt hat: Es gibt auch unglaublich viele Bäume. Einerseits sind viele Strassen von Bäumen gesäumt, und andererseits gibt’s alle paar Meter einen Park. Die vielen Bäume und Pärke haben den Effekt, dass die Grossstadt Berlin an vielen Stellen gar nicht grossstadtmässig wirkt.

Die typischen Berliner Bäume sind übrigens die Linde und die Kastanie. In den letzten Wochen haben die Kastanien geblüht, das war wunderschön anzusehen, vor allem in Strassen wie der Kastanienallee, wo – der Name sagt es bereits – ein Kastanienbaum am andern steht. Bratschi freut sich über das viele Grün hier. Vielleicht fühlt sie sich deswegen so wohl, ist sie doch eher Landei als Stadtkind.

Faulenztag

11. Mai 2014

Heute hatte Bratschi Faulenz- und Haushaltstag und kann daher gar nichts Interessantes berichten.

Menschen und Affen

10. Mai 2014

Heute hat Bratschi den ganzen Vormittag geschlafen. Die Woche war anstrengend gewesen. Am Nachmittag ist sie zum Ku’damm gefahren und hat das Hotel Kurfürst gesucht. Dort wird Ende Mai eine Rudergruppe des Seeclub Biel übernachten, die auf Wanderfahrt in und um Berlin herum ist. Bratschi will dann Ruderfreundin I. treffen und mit ihr an ihrem freien Tag durch Berlin ziehen.

Bratschi hatte geplant, am Ku’damm gleich noch in ein paar Kleiderläden zu gehen. Ihr Bestand an Kleidern, die sie auf der Arbeit tragen kann, ist nämlich ziemlich dürftig. Es war aber so ein Gedränge überall, dass sie auf diese Idee verzichtet hat und in keinem einzigen Laden war. Dafür hat sie noch kurz ins „Bikini“ reingeschaut. Das ist eine Art Kaufhaus, das vor einem Monat neu eröffnet worden ist. Es gibt im Innern einzelne abgetrennte Verkaufsräume, in denen verschiedene Waren (vor allem Mode) präsentiert werden, dazu Cafés und Restaurants. Im zweiten Stock kann man auf eine grosse Dachterrasse gehen. Von dort sieht man direkt in den Berliner Zoo hinab und kann den Affen beim Herumturnen in ihrem Gehege zuschauen. Das hat Bratschi gefallen.

Die Museumsinsel zum Schnäppchenpreis

9. Mai 2014

Heute hat sich Bratschi eine „Jahreskarte für die Staatlichen Museen zu Berlin“ gekauft. Und zwar die Billigversion für 25 Euro. Damit kann sie ein Jahr lang die Dauerausstellungen in allen staatlichen Museen besuchen. Allerdings muss sie – das ist der Preis der Billigversion – werktags zwischen 16.00 und 18.00 Uhr und am Wochenende zwischen 11.00 und 13.00 Uhr eintreten. Da Bratschi von Montag bis Freitag aber ohnehin arbeitet, passt das wunderbar, denn tagsüber könnte sie sowieso nicht ins Museum gehen. Die Museumsinsel ist bekanntlich nur ein Katzensprung von ihrem Arbeitsort entfernt. Bratschi kann jetzt also nach dem Arbeiten spontan für eine halbe Stunde ins Pergamonmuseum oder ins Neue Museum hüpfen und dort den Pergamonaltar oder die Nofretete bestaunen.

Bratschi hat die Karte im Alten Museum gekauft, weil sie darauf spekuliert hat, dass es dort keine Warteschlange an der Kasse gibt. Sie hat richtig spekuliert. Zunächst war die Dame an der Kasse allerdings wenig begeistert, als Bratschi eine Jahreskarte kaufen wollte. Ob das wirklich so kurz vor Feierabend sein müsse? Bratschi war etwas irritiert, denn es war kurz nach fünf Uhr, und Kassenschliessung war um halb sechs. Sie hat die Karte dann aber doch noch erhalten, und die Kassendame hat sie netterweise darauf hingewiesen, dass ein Leihstück aus Israel, ein römisches Mosaik mit Tiermotiven, nur noch drei Tage im Museum sei. Daraufhin hat Bratschi das Mosaik kurzentschlossen besichtigt und einen kurzen Rundgang durchs Museum gemacht – das ist dann eben der Vorteil einer Jahreskarte.

Gerade hat Bratschi auch entdeckt, dass es im September wieder Konzerte mit den Berliner Philharmonikern gibt. Schumann und Brahms, wunderbar! Der Vorverkauf startet am 25. Mai um 8.00 Uhr. Bratschi hat sich Datum und Uhrzeit notiert. Vielleicht schafft sie es vor ihrer Rückkehr in die Schweiz ja doch noch in die Philharmonie.

Verstehen Sie Deutsch?

8. Mai 2014

Eigentlich dachte Bratschi immer, dass Deutsche und Schweizer die gleiche Sprache haben, wenigstens beim Schreiben. Das scheint aber nicht der Fall zu sein. Bratschi hat teilweise etwas Mühe, die Sprache zu verstehen, die im Ministerium verwendet wird.

So heisst das Fächli, in das die ankommende Post gelegt wird, „Zutrag“. Das Gegenstück dazu ist der „Abtrag“. Ok, das kann man sich noch merken. Bratschi weiss inzwischen auch, dass sie einen „Hausruf“ hat. Nein, das ist nichts Schlimmes, wie manch eine oder einer jetzt böswillig vermutet, sondern einfach die vierstellige interne Telefonnummer.

Bratschi hat auch zur Kenntnis genommen, dass man als Beamtin oder Beamter (die es in Deutschland noch gibt) eine gewisse „Verwendungsbreite“ vorweisen muss, wenn man Aufstiegschancen haben will. Sprich: Man sollte beruflich möglichst viele verschiedene Funktionen in verschiedenen Bereichen ausgeübt haben. Bratschi, die demnächst ihr 10-jähriges Dienstjubiläum feiern kann und also seit 10 Jahren auf der gleichen Stelle sitzt, weist leider nur eine höchst eingeschränkte Verwendungsbreite auf.

Was Bratschi bis heute nicht versteht, ist das interne Telefonverzeichnis. Dort steht nämlich neben Name und Telefonnummer der betreffenden Person immer auch eine Dienstbezeichnung, und das sieht dann so aus:

Amtsdeutsch

Wer hier nur Bahnhof versteht, sei beruhigt: Bratschi geht es genauso, und das nach fast eineinhalb Monaten!

A propos Bahnhof: Von Bratschis Wohnung aus ist das Ministerium nicht „fussläufig“. Das heisst: Man fährt besser mit der U-Bahn oder mit dem Velo hin.

Spätdienst

7. Mai 2014

Heute hatte Bratschi bei der Arbeit erstmals „Spätdienst“: Das bedeutet, dass man bis 18.00 Uhr im Büro bleiben muss und verantwortlich für den ganzen Dienst ist. Man muss das gemeinsame Postfach überwachen, allenfalls dringende Anfragen beantworten, und die Telefone sämtlicher Kolleginnen und Kollegen sind auf einen umgeleitet. Bratschi war sehr stolz, in den Kreis der Spätdienstler aufgerückt zu sein!

(Der Ehrlichkeit halber müsste noch erwähnt werden, dass Arbeitskollege K. auch bis ca. 17.50 Uhr im Büro war und so lange freundlicherweise das Sekretariats- und das Chefintelefon auf sich umgestellt hatte. Bratschi blieben immerhin 10 Minuten in totaler Eigenverantwortlichkeit. Wie sagt man so schön: Alle haben einmal klein angefangen!)

Ein Mann ist weg, viele Männer sind gekommen

6. Mai 2014

Gestern ist Kruse zurück in die Schweiz geflogen. Jetzt ist Bratschi wieder allein. Aber schon bald kommt der nächste Besuch, nämlich Mama Bratschi! Und heute Abend ist Bratschi losmarschiert und hat sich im Ampelmann-Shop – quasi als Kruse-Ersatz – ganz viele Ampelmänner gekauft: ein Handtuch mit Ampelmännern, ein Badetuch mit Ampelmännern, einen Duschvorleger mit Ampelmännern, einen Waschlappen mit einem einzelnen Ampelmännchen darauf. Bratschi ist nämlich ein grosser Ampelmann-Fan.

All das liegt nun auf einem riesigen Wäschehaufen in Bratschis Wohnung. In ihrem Wohngebäude ist nämlich das „Waschcenter“ wegen eines Wasserschadens geschlossen. Vorgestern und gestern musste Bratschi daher notfallmässig ein paar Sachen von Hand waschen, sonst hätte sie nicht adäquat bekleidet zur Arbeit gehen können. Aber da gewisse Dinge wie zum Beispiel ein grosses Ampelmann-Tuch nur schlecht in ein kleines Lavabo passen und ohnehin nicht dringend gewaschen werden müssen, wird der Wäschehaufen in den nächsten Tagen wohl noch wachsen.

Vielfältiges Berlin

4. Mai 2014

Die letzten drei Tage waren Kruse und Bratschi viel unterwegs. Am Freitag haben sie das ehemalige Stasigefängnis Hohenschönhausen besucht. Dort führen sogenannte „Zeitzeugen“, sprich: ehemalige Insassen, durch die Gebäude und erzählen, wie es zu Stasizeiten in der Haftanstalt zuging. Der Führer von Kruse und Bratschi beispielsweise sass 6 Monate lang in Untersuchungshaft, weil er Flugblätter an Schaufenster geklebt hatte. Dann wurde er zu eineinhalb Jahren Straflager verurteilt und schliesslich zusammen mit seiner Familie von der BRD freigekauft. Der Freikauf von politischen Häftlingen brachte der DDR dringend benötigte Devisen – sie entwickelte diese Art der Devisenbeschaffung zu einem richtigen Geschäft.

Abends waren Kruse und Bratschi dann an einem Punkkonzert in Kreuzberg. Die Vorgruppe war eine junge Zürcher Band bestehend aus Punks, die auch sehr nach Punks aussahen. Die Hauptband bestand dann aus netten älteren Herren, die aussahen wie normale Familienväter: Der eine hatte ein kleines Bäuchlein, der zweite trug ein weisses Hemd etc. Nur die Musik, die klang leider sehr punkig. Kruse fand das Konzert gut. Bratschi konnte mit der Musik nichts anfangen und hat dafür interessiert das Publikum beäugt. Wer nicht schwarz angezogen, mit Nieten bestückt oder tätowiert war, fiel schon ziemlich auf. Als Kruse und Bratschi nach dem Konzert nach Hause fuhren, war die U-Bahn immer noch gestossen voll und fuhr im 15-Minuten-Takt – und das mitten in der Nacht! Bratschi war beeindruckt.

Am Samstag sind Kruse und Bratschi dann kreuz und quer durch Berlin gefahren. Erst waren sie auf Bratschis Wunsch in Rixdorf, laut Reiseführer ein „kleines Dorf mitten in Neukölln“, einst von Böhmen gegründet. Bratschi hat allerdings nichts gesehen, was auch nur annähernd dorfähnlich aussah. Kruse war amüsiert und spottete den ganzen Tag lang, wer böhmische Dörfer besuchen wolle, habe irgendetwas nicht begriffen. Danach gings in den Treptower Park, wo ein überdimensioniertes sowjetisches Ehrenmal steht. Ein riesiger Bronzesoldat hält in der einen Hand ein Schwert, in der anderen ein Kind, an Reliefwänden prangen Stalin-Zitate. Na ja, über Geschmack kann man bekanntlich nicht streiten. Vom Park gings weiter Richtung Friedrichshain, wo es einen schönen Markt, nette kleine Restaurants und Cafés und auch noch ein besetztes Haus zu bestaunen gab. Und schliesslich landeten Kruse und Bratschi in Wedding, einem Arbeiterquartier, das in der Nähe von Bratschis Wohnort liegt.

Am Abend gab’s dann französische Küche – in einem französischen Restaurant, das nach einem Marschall Napoleons benannt ist von einem Nachfahren dieses Marschalls geführt wird. Dieser Nachfahre hat Kruse und Bratschi zum Essen dann noch seine Familiengeschichte bzw. die Geschichte des Marschalls erzählt – höchst spannend! Sogar zum Stuck an der Wand gab’s die passende Story.

Heute schliesslich sind Kruse und Bratschi nach Köpenick gefahren. Das ist eigentlich ein Stadtteil von Berlin, hier sieht es stellenweise aber tatsächlich aus wie in einem Dorf oder auf dem Land! Alt-Köpenick ist praktisch auf allen Seiten von Wasser umgeben, das hat vor allem Bratschi sehr gut gefallen. Kruse und Bratschi waren dann noch am Müggelsee. Bei sonnigem und warmem Wetter muss das ein wunderbarer Ort sein, es war heute leider nur etwas kalt, sodass irgendwann nicht nur Kruse (der ohne Jacke nach Berlin gekommen ist…), sondern auch Bratschi (mit Jacke!) gefroren hat. Gegen Abend sind die beiden daher zurück nach Hause gefahren.

Die Erkenntnis aus diesen drei Tagen: Es gibt nicht ein Berlin, es gibt unzählig viele Berlin! Jedes Quartier hat seinen eigenen Charakter, seine schönen Plätzchen, seine weniger attraktiven Orte. Berlin bietet eine riesige Vielfalt, und genau das ist es, was Bratschi hier so gefällt.